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Erläuterungen zu Artikel 149 Kirchenordnung

Leitungsfeld 9 Recht und Organisation (Dr. Conring/Berg/Huget)

Stand: 01.07.2022

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Allgemeines

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Absatz 1 – Beschlussfähigkeit

Durch das 63. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung (KABl. 2019 S. 218), das die Verkleinerung der Kirchenleitung zum Inhalt hatte, wurde die Bestimmung zur Beschlussfähigkeit der Kirchenleitung geändert. Zur Beschlussfähigkeit mussten bis zum 31. Dezember 2019 auch 3 von 8 nebenamtlichen Mitgliedern in der Kategorie „Gemeindeglieder“ (ehrenamtliche Mitglieder im engeren Sinne) anwesend sein. Die Senkung der Zahl der Gemeindeglieder im Artikel 146 Absatz 2 Buchstabe b von 8 auf 6 Gemeindeglieder führte auch zu einer Senkung des Quorums zur Beschlussfähigkeit von 3 auf 2 Gemeindeglieder. Dieses Quorum sichert gegenwärtig, dass eine Abstimmung nicht ohne diese ehrenamtliche Mitgliedergruppe vollzogen werden kann. Eine Vetofunktion oder ein konkretes Mehrheitsverhältnis für die Beschlussfassung wird hier nicht festgelegt. Näheres zur Änderung der Kirchenordnung siehe unter:
Der durch das 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung neu eingefügte Satz 2 erlaubt es, nicht mehr ausschließlich in Präsenzform zu tagen, sondern die Sitzungen auch als Telefon- oder Videokonferenz oder in einer Kombination durchzuführen. Dadurch wurde der Regelungsgehalt des früheren § 9 Absatz 2 Pandemie-Gesetzes nun dauerhaft in die Kirchenordnung übernommen.
Die Präsenzformen der leiblichen Anwesenheit, der Videokonferenz und der Telefonkonferenz sind kombinierbar und sollen nach den örtlichen Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Beteiligung genutzt werden. Wichtig ist, dass die Sitzungen weiterhin nicht öffentlich sind, alle Beteiligten deshalb ihre akustische und optische Teilnahme persönlich und ohne Dritte gestalten.
Beschlüsse, die in Video-/Telefon-Konferenzen gefasst und protokolliert werden, gelten, als ob es eine Sitzung mit physischer Präsenz gewesen wäre. Die Beschlüsse gelten dann direkt, genau wie in einer Sitzung mit physischer Anwesenheit.
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Absatz 3a – Umlaufverfahren

Der durch das 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung neu eingefügte Abs. 3a ist angelehnt an den früheren § 9 Abs. 1 des früheren Pandemie-Gesetzes und C 2.1 des außer Kraft getretenen Verbindliche Verabredung „praktischer Konsens“ zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit kirchenleitender Organe im Jahr 2020 vom 8. April 2020, die befristet für den Zeitraum vom 15.04.2020 bis 31. Dezember 2020 galt. Damit sind Umlaufbeschlüsse rechtens. Das Wort „Textform“ bedeutet im Sinne des § 126b BGB die einfachste Form einer schriftlichen Erklärung ohne eigenhändige Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur (vgl. Palandt § 126b BGB, 80. Aufl. (2021) Rn. 3ff.). Damit kann eine Abstimmung auch durch E-Mail, Fax oder SMS erfolgen. Voraussetzung für das Umlaufverfahren ist es, dass mehr als zwei Drittel des verfassungsmäßigen Mitgliederbestandes dem Umlaufverfahren zustimmen. Der verfassungsmäßige Mitgliederbestand ergibt sich aus Artikel 146 KO.
Ein Umlaufbeschluss muss, damit er rechtswirksam werden kann, einige Mindestanforderungen erfüllen. Zum Einen ist zu prüfen, ob Widerspruch gegen das „Ausnahmeverfahren zur Beschlussfassung“ geltend gemacht wurde und zum Anderen wie das Abstimmungsergebnis lautet. Bei Umlaufbeschlüssen müssen an die Mitglieder daher immer zwei Fragen gestellt werden, ob sie grundsätzlich dem Umlaufbeschlussverfahren zustimmen und ob sie der Beschlussvorlage inhaltlich zustimmen können.
Die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder eines Leitungsorgans ist maßgebend dafür, um feststellen zu können, ob die Mitglieder des Leitungsorgans grundsätzlich im Blick auf die Vornahme des schriftlichen Abstimmungsverfahrens befragt und dem auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt haben. Der Widerspruch von mehr als zwei Drittel des verfassungsmäßigen Mitgliederbestandes führt dazu, dass das Umlaufbeschlussverfahren gescheitet ist; der Tagesordnungspunkt wäre im Rahmen der nächsten regulären Sitzung des Leitungsorgans zu behandeln ist.
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Absatz 4 – Wahlen

Durch das 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung, das am 1. Juli 2022 in Kraft getreten ist, wird in Satz 3 das Wort „schriftlich“ durch „geheim“ ersetzt. Dadurch ist es möglich, eine Wahl schriftlich oder im Rahmen einer Videokonferenz mit den vorhandenen Abstimmungstools durchzuführen. Der Zweck der bisherigen Regelung, eine Wahl geheim durchführen zu können, wird so beibehalten.
Die neu eingefügten Sätze 4 und 5 entsprechen § 13 des früheren Pandemie-Gesetzes. Es wird klargestellt, dass Wahlhandlungen nicht im Umlaufverfahren (rein schriftlich oder per Mail) durchgeführt werden können. Die Stimmabgabe per Briefwahl ist kein Umlaufverfahren. Das Verfahren der Wahl muss die Möglichkeit zum mündlichen Austausch zur Person (Personaldebatte) gewährleisten.
Weitere Hinweise zu Wahlhandlungen finden Sie hier.
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Absatz 5 – Niederschrift

Mit dem 73. KO-Änderungsgesetz zur Änderung der Kirchenordnung – Flexibilisierung der Arbeitsweise kirchlicher Organe – Ablösung des Pandemie-Gesetzes – , dass die Landessynode am 15. Juni 2022 verabschiedet hatte, wurde Absatz 5 neu eingefügt.
In der Verfassung wurden für alle Gremien die Anforderungen an die Niederschriften im Protokollbuch neu geregelt und eine einheitliche Dokumentationspflicht für die Namen der Anwesenden, die Art der Zusammenkunft, die Feststellung der Beschlussfähigkeit, die Form der Beschlussfassung und die gefassten Beschlüsse festgelegt.
In den Niederschriften sind Umlaufbeschlüsse und die Art der Zusammenkunft (Präsenz, Videokonferenz, Telefonkonferenz oder eine Kombination) festzuhalten. Das Protokoll muss die in Absatz 1 genannten Angaben enthalten, kann aber als Beschlussprotokoll auf das Wesentliche beschränkt werden.
Im Satz 2 ist neu geregelt worden, dass die Niederschrift von der oder dem Präses und einem weiteren Mitglied der Kirchenleitung unterzeichnet wird.
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Allgemeine Erläuterungen zur Kirchenordnung – Dokumentenübersicht – Gesetzgebungsverfahren

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